Körperakzeptanz statt Körperoptimierung

Wenn wir uns einen Yogi oder eine Yogini vorstellen, dann denken wir als erstes an die schlanken, biegsamen, jungen, gesunden, schönen Bilder, die wir von Instagram kennen. Die Aussage dieser Bilder wäre : „Yoga macht schlank, beweglich und schön“ ODER „Nur wer schlank und körperlich fit und flexibel ist, für den ist Yoga etwas“. Das führt zu einer grundsätzlichen Missinterpretation in der Gesellschaft was Yoga eigentlich ist. Ein WEG nämlich, der jedem Menschen offen steht egal welchen Alters, welchem Fitnesslevel, egal welcher Körperform.
Was ist Yoga denn eigentlich?
Yoga ist eine Kunst, eine Wissenschaft und eine Philosophie. Es berührt unser Leben auf jedem Level, physisch, mental und spirituell. Es ist eine praktische Methode, die unser Leben sinnvoll macht. Yoga erlaubt es den Praktizierenden die Welt um uns herum und IN uns auf eine andere Art zu erleben und wahrzunehmen. Die Lebensfreude in allen Dingen und Kreaturen zu berühren und diese Fülle und Freude mit anderen zu teilen. Yoga sind also nicht nur die uns bekannten gymnastischen Körperübungen, sondern vor allem eine geistige Praxis, eine Lebensweise und eine Geisteshaltung. Yoga besteht aus den körperlichen Übungen, Atemübungen, Meditationen, moralischen Werten und psychologischen Erkenntnissen.
Das Dilemma mit den Asanas
Die Körperübungen heißen Asanas und eine Yogastunde besteht im Westen vor allem aus Asanas. Diese sind in einigen Richtungen des Yoga, wie dem Vinyasa, Ashtanga oder Power Yoga körperlich sehr anstrengend. Sie sollen unseren Körper und unser Geist stärken. Hier passt der Satz „In einem gesunden Körper, lebt ein gesunder Geist“. Beides bedingt sich miteinander. Und klar, ist es ein Sport, der unsere Körper mit mehr Muskelkraft versorgt und mit dem wir auch abnehmen können. Denn wir verbrennen Kalorien und werden beweglicher und fitter.

Wie oft habe ich gehört „Yoga, das ist nichts für mich, ich bin total unflexibel“ . Die Bilder in den Medien leben uns das ja vor, dass das Ziel ist sich unglaublich zu verbrezeln. Da wundert es einen nicht, dass sich manche Menschen gar nicht in eine Yoga-Stunde trauen. Wir haben Angst etwas nicht zu können oder nicht gut genug zu sein. Denn darum geht es in unserer Welt. Wir wollen gut sein, gut genug, besser, uns immer mehr optimieren. Dabei ist genau das der Grund Yoga zu praktizieren, um zu erkennen, dass wir so wie wir sind IMMER gut genug sind. Schön genug, schlank genug, beweglich genug. Einfach genug. Egal, welche Kleidergröße wir haben oder wie beweglich wir sind. Denn Yoga ist ein innerer Prozess. Es ist Meditation in Bewegung, wie das nach außen aussieht ist völlig egal. Es geht darum was IN einem geschieht. Diese innere Übung, die persönliche Weiterentwicklung, kann man natürlich schlecht in einem Bild präsentieren und verkaufen. Selbstakzeptanz anstatt Selbstoptimierung. Bei sich selbst ankommen, IN sich ankommen, zu erkennen wer und was man im Inneren wirklich ist. Den Körper als eine Hülle zu betrachten, der nicht unseren inneren Kern zeigt.
Wie funktioniert das?
Durch die Verbindung von Bewegung, Atem und Geist wird die Selbstwahrnehmung geschult. Die Achtsamkeit. Wir erkennen beim Yoga praktizieren, wo unserer körperlichen Möglichkeiten und wo unsere Grenzen sind und wie wir sie durch eine klare Geisteshaltung akzeptieren und überwinden können. Wir lernen unseren Körper neu kennen und entdecken. Wir lernen ihn bei den Übungen zu beobachten, was in uns geschieht. Auch lernen wir negative Gedanken, verurteilenden Gedanken wie „Ich kann das nicht“ zu erkennen, zu beobachten, zu akzeptieren und umzuwandeln. Das kann man schlecht erklären, deswegen kann man Yoga nicht durch bloßes Lesen von Texten erlernen, sondern nur durch Übung und Erfahrung am eigenen Leib. Indem man den Übungen folgt, sich reckt und streckt, gewinnt man das Gefühl für den eigenen Körper zurück, wird sich seiner wieder bewusst. Nicht nur visuell, sondern von Innen heraus. Man spürt die Luft in den Lungen, die Fußsohlen am Boden, nimmt wahr wo es spannt, knackt und zwickt und wo es vielleicht Spannungen gibt, die man loslassen kann. Wir werden eins mit unserem Körper und beurteilen oder verurteilen ihn weniger. Der Fokus liegt auf der Wahrnehmung der einzelnen Körperteile und daraus dann auf dem ganzen Körper.

Die Kombination von Körper und Geist schult uns in Selbstliebe und Selbstakzeptanz. Das fördert unser Selbstbewusstsein und führt zu einem besseren Körpergefühl. Ein starkes Selbstbild entsteht unabhängig von der Körperform durch Toleranz und Akzeptanz.
Die körperliche Auswirkungen
Natürlich machen sportliche Übungen auch „schön“. Yoga als sportliche Betätigung verbessert unsere Gesundheit und unsere körperliche Konstitution. Durch die Bewegung, den Muskelaufbau und die erhöhte Sauerstoffaufnahme in die Zellen, wechseln wir zum anabolischen Prozess, es werden also mehr Zellen produziert als das sie absterben. Die Tätigkeit der Lymphgefäße und der Organe wird gestärkt und wir bleiben länger jung und vital. Wenn die Sauerstoffzufuhr im Körper erhöht und die Durchblutung angeregt ist, findet auch ein vermehrter Abbau der im Körper befindlichen Schadstoffe statt. Heißt also, wenn Yogaübungen ausgeführt werden, die den Effekt haben, dass bspw. der Haut mehr Blut zugeführt wird, wirkt sich dies vorteilhaft auf die Haut aus. Natürlich sollte eine ausgewogene und gesunde Ernährung sowie viel Flüssigkeit eine zentrale Rolle im yogischen Leben spielen – denn auch dies sorgt, neben unterstützenden Asanas, für einen strahlenden Teint. Eine intensive und tägliche Praxis lässt außerdem die Pfunde purzeln und die Silhouette wird durch den Muskelaufbau gestrafft.

Yoga ist außerdem dafür bekannt, bei der Heilung von Krankheiten zu helfen, von Rückenschmerzen, über Arthritis bis hin zu Darmproblemen und vielem mehr.
Die geistige Einstellung und Schönheit von innen
Die yogische Praxis fördert aber auch eine positivere Einstellung. Eine positive Geisteshaltung ist gegenwärtig, offen und empathisch. Der Fokus liegt auf dem, was sich zum Guten entwickeln kann, auf den Chancen und nicht auf den Problemen. Positive Gedanken treiben uns an, machen uns mutig und geben uns Hoffnung. Durch die Erlernung von meditativen Praktiken schulen wir unseren Geist und lernen seine Arbeitsweise kennen und wie wir ihn beeinflussen können, um ihn uns nützlich zu machen, anstatt dass die Gedanken uns beherrschen. Wir lernen, unsere Gedanken und unsere Überzeugungen achtsam wahrzunehmen, und falls sie uns belasten, haben wir die Wahl, sie zu verändern, indem wir die Perspektive wechseln und den Fokus positiv ausrichten. Wir nehmen uns Zeit, Situationen auf uns wirken zu lassen, Werte zu hinterfragen und uns klar über die eigenen Gefühle zu werden, damit wir sie bei Bedarf entsprechend lenken können und dafür sorgen, dass es uns physisch und psychisch gut geht. Durch die kraftvollen Übungen, Atemübungen und Visualisierungen laden wir unseren Körper außerdem mit positiver Energie auf.

Innere Schönheit
„Wahre Schönheit kommt von innen“, diesen Spruch haben wir auch schon tausendmal gehört und als Trost ausgesprochen für Menschen, die sich äußerlich nicht schön fühlen. In einer Gesellschaft in der die Models und schönen Menschen den Alltag bestimmen, klingt das für uns wie eine Lüge. Aber innere Schönheit, das Strahlen von innen, das kommt durch eine Geisteshaltung. In dem wir einen guten Charakter haben, uns gut fühlen, andere unsere Liebe schenken und mit uns und der Umwelt im Reinen sind. Yoga ist eine sehr zuverlässige Methode, zu entspannen und selbst für sein inneres Gleichgewicht zu sorgen. Seele, Geist und Körper werden entspannt und zu Harmonie geführt. Im Umkehrschluss heißt das allerdings auch, dass Ärger, Stress, Kummer usw. für Anspannung sorgen, sowie dem eigenen Ich Energie rauben und auf lange Sicht sogar krank machen können. Gegen all die unangenehmen und belastenden Dinge im Alltag einen positiven Ausgleich und maximale Entspannung zu finden, führt zu einer inneren Geisteshaltung die unser Inneres zum Strahlen bringen kann.

Fazit
Im Yoga geht es also nicht darum, etwas zu können. Vielmehr bietet Yoga die Möglichkeit, in liebevollen Kontakt mit dem eigenen Körper zu treten, sich auf allen Ebenen zu erfahren, sich auszuprobieren, den Mut zu entwickeln, eigene Grenzen zu erweitern – oder einfach anzuerkennen. Wer im Yoga übt sich selbst anzunehmen, die eigenen Bedürfnisse achtsam wahrzunehmen und aufhört sich mit anderen zu vergleichen, kann das irgendwann auch im Alltag. Und diese innere positive Einstellung bringt unser Inneres zum Strahlen und entfacht unsere innere Schönheit.